Reiseberichte aus Australien 2006/2007

Träume sind sehr bequem, sofern wir nicht gezwungen sind, sie in die Tat umzusetzen (Paulo Coelho) - ein Jahr lang durch Australien zu reisen, dort zu leben und zu arbeiten ist mein großer Traum. Ich lade hiermit ein, mich auf meiner Reise zu begleiten.

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Standort: München, Germany

Geboren und aufgewachsen bin ich in Chemnitz (hieß damals noch Karl-Marx-Stadt). Nach meinem Abi ging es zunächst für 2 Jahre nach Rodewich im Vogtland, wo ich eine Ausbildung inkl. 5-monatigen Praktikum auf der Isle of Wight (England) absolvierte. Meine sächsiche Heimat verlies ich endgültig im März 1999, um mein Glück in der bayrischen Landeshauptstadt München zu versuchen. Hier hielt ich es ganze 7 Jahre aus, die ich hauptsächlich damit verbracht habe, für eine der Big Four der Wirtschaftsprüfungsgesellschaften zu arbeiten. Aber das war mir nicht genug. Ich wollte unbedingt noch studieren. Gesagt, getan begann ich schließlich ein Fernstudium in BWL an der Hochschule Wismar. Und nun, wo ich dies auch vollendet habe, zieht es mich hinaus in die große weite Welt, genauer gesagt nach Australien ...

30 Mai 2007

Bye, bye Australia

Der Countdown laeuft. Nur noch 10 Stunden und ich sitze im Flieger von Brisbane nach Muenchen. So schnell vergeht ein Jahr. Wie die meisten Menschen zu Silvester auf das vergangene Jahr zurueckblicken, so moechte ich es mit meinem Jahr Working Holiday in Australien halten.

Ich hatte eine unglaublich schoene und erlebnisreiche Zeit in Down Under. Ich moechte schon fast sagen, dass es eines der grossartigsten Dinge war, die ich bisher in meinem Leben gemacht habe. Mein Jahr in Australien war mehr als ein ausgedehnter Urlaub; ich habe einen ganz anderen Lebensstil erfahren koennen, der seine Spuren bei mir hinterlassen hat. Ich habe gelernt als Rucksacktourist zu reisen; ich habe erfahren, dass ich keinen grossen Luxus brauche, um im Leben gluecklich zu sein; ich habe Menschen der verschiedensten Nationalitaeten getroffen und mehr ueber andere Kulturen gelernt; ich habe in den unterschiedlichsten Bereichen gearbeitet, die allesamt neu fuer mich waren, ... Kurz gesagt: Ich habe fuer mich, dass Optimum aus meiner Auszeit herausgeholt und wuerde diesen Schritt jederzeit wieder wagen.

Die groesste Huerde war tatsaechlich, die Entscheidung zu treffen, aus meinem gewohnten Leben in Deutschland auszubrechen und ins Ungewisse zu springen. Alles weitere lief irgendwann von ganz allein.

Zum Schluss noch die Top Ten meiner Lieblingsplaetze in Australien:

1. Bungle Bungle NP (Western Australia)
2. Cradle Mountain-Lake St. Clair NP (Tasmanien)
3. Melbourne (Victoria)
4. Shark Bay insb. Monkey Mia, Shell Beach, Stromatolites (Western Australia)
5. Whitsunday Islands (Queensland)
6. Pinnacle Desert (Western Australia)
7. Kimberley insb. Mitchell Falls und Kalumburu Aboriginal Community (Western Australia)
8. Freycinet NP (Tasmanien)
9. Kakadu NP (Northern Territory)
10. Regenwald im noerdlichen Queensland

08 Mai 2007

Sydney

Sydney ist mit 4 Millionen Einwohnern Australiens groesste Stadt (Melbourne als zweit groesste Stadt hat "nur" 3,21 Millionen Einwohner). Um den mir gelegtlich zu Gehoer kommenden Irrglauben aus der Welt zu schaffen, moechte ich hier nur erwaehnt haben, dass Sydney nicht die Hauptstadt von Australien ist. Das ist Canberra, liegt zwischen Sydney und Melbourne und ist mit 320.000 eine Kleinstadt im Vergleich zu den beiden grossen Nachbarn.

Aber zurueck zu Sydney. Das Stadtzentrum ist wie bei allen australischen Grossstaedten recht kompakt, so dass man alles zu Fuss erreichen kann. Wolkenkratzer; dazwischen immer wieder Parkanlagen; einen Botanischen Garten gibt es auch; am Hafen das beruehmte Opernhaus mit dem seltsam aussehenden Dach und die Harbour Bridge ... das ist Sydney!

Opera House und Harbour Bridge bei Sonnenuntergang

Ich als Rucksacktourist habe mir sagen lassen, dass man am guenstigsten in Kings Cross uebernachtet. Kings Cross ist ganz einfach das Herz der Backpacker-Szene. Ich habe bisher noch nie so viele Hostels an einem Fleck gesehen. Wo es Hostels gibt, sind auch Internet-Cafes en masse, die sich im Kampf um Kunden gegenseitig im Preis unterbieten.

Entfernungen zwischen Kings Cross (Sydney) und ...

Neben Grossstadt-Feeling hat Sydney auch etliche Straende in erreichbarer Naehe zu bieten. Das Wetter derzeit ist einfach herrlich; Temperaturen um die 25 Grad und strahlender Sonnenschein. So laesst sich der Herbst ganz gut aushalten. Um das gute Wetter auszunutzen habe ich mich vor ein paar Tagen in die Faehre gesetzt und bin nach Manley gefahren. In Manley hat man mehr das Gefuehl in einem Urlaubsort als in einem Stadtteil von Sydney zu sein. Der Hauptstrand und die dazugehoerige Strandpromenade ist einfach ueberfuellt von Menschen, die Surfen, Joggen, Skateboard fahren oder ganz einfach in der Sonne liegen. Fuer diejenigen, die nicht auf so einem Trubel stehen, haelt Manley ein paar kleine, versteckte Badebuchten bereit. Es gibt sogar einen National Park, in dem man ein paar Kilometer wandern kann. Und das beste zum Schluss: In Manley habe ich das erstemal in Australien einen ALDI entdeckt. Die Produktpalette wurde zwar etwas an den australischen Geschmack angepasst, aber innen sah es trotzdem wie beim ALDI in Deutschland aus. Wenn man damit noch nicht genug von deutscher Kultur hatte, kann man gleich nebenan im "Bavarian Bier Cafe" eine Schweinshaxe und ein Paulaner Hefeweizen zu sich nehmen. Sollte das schon einmal eine Einstimmung auf Deutschland sein?

02 Mai 2007

Borrona Downs Station

Bevor ich meine grosse Reise nach Down Under angetreten bin, habe ich mit Australien immer riesige Stations im Outback verbunden, auf denen Rinder und Schafe gezuechtet werden. Ich muss das wohl mal im Fernsehen gesehen haben. Jedenfalls habe ich es endlich geschafft, mir so eine Station hautnah anzuschauen, dort bei der taeglichen Arbeit mitzuhelfen und das wahre Leben im Outback zu erleben.

Borrona Downs Station befindet sich tatsaechlich in "the middle of nowhere", umgeben von nichts als Bueschen, Baeumen und roter Erde. Die naechste Ortschaft, die lediglich aus ein paar Haeusern und einem Pub besteht, erreicht man nach 1,5 Stunden Fahrt ueber eine holprige Schotterstrasse. Ins 450 km entfernte Broken Hill faehrt nur aller paar Wochen jemand, um ein ein paar Einkaeufe zu taetigen. Dem entsprechend gross sind die Lebensmittelvorraete auf Borrona Downs. Alles Verderbliche wird in einem richtigen Kuehlhaus eingefroren. Falls mal frisches Obst und Gemuese knapp werden, lassen sie sich ganz einfach mit dem Flugzeug, welches einmal pro Woche die Post bringt, ein paar Bananen und Aepfel anliefern.

Waehrend meines Aufenthaltes auf Borrona Downs waren Greg, der Eigentuemer von Borrona, und sein Team vor allem mit dem "Mustering" der Rinder und Schafe beschaeftigt. Beim "Mustering" versucht man die Tiere, die sich irgendwo verstreut auf der Weide befinden, zusammenzutreiben. Der Cowboy von heute benutzt dazu anstatt Pferd ein Motorrad. So kam es auch, dass ich mich ploetzlich auf einer Enduro durch's Gelaende fahren sah. Ich muss zugeben, dass das Motorrad fahren schon Spass macht und ich habe es auch geschafft, immer wieder heil ohne Prellungen oder Knochenbrueche anzukommen.

Mustering

Aber nicht nur das Motorrad ist ein unverzichtbares Fortbewegungsmittel beim Mustering, sondern auch das Flugzeug. Greg besitzt zu diesem Zwecke eine kleine Privatmaschine mit Platz fuer gerade mal 3 Passagiere. Einmal durfte ich ihn als "Co-Pilot" begleiten und assistieren die Rinder ausfindig zu machen. Wir haben das Gelaende, wo sich die Tiere befinden sollten, immer wieder umkreist und sobald wir eine Herde sichten konnten, wurde per Funk deren Standort an die Motorradfahrer am Boden durchgegeben. Deren Aufgabe war es nun an die entsprechende Stelle zu fahren und die Rinder in ein kilometerweit entferntes Gehege zu treiben. Sobald Motorradfahrer und Rinder das Gehege erreicht hatten, war der erste Teil der Arbeit getan. Da es sich bei der Herde um "Neuankoemmlinge" handelte, die sich erst seit ein paar Wochen in Besitz von Borrona Downs befinden, erfolgte nun der zweite Teil - die Brandmarkung. Dabei wird jedem Rind mit einem gluehenden Eisen ein Zeichen eingebrannt, welches das Tier als Eigentum von Borrona Downs kennzeichnet. Die Rinder werden dazu einzeln in eine Art Box geschleusst, in der sie festgeklemmt werden. Manche Tiere schreien und bewegen sich so stark, dass man sie mit Strom ruhig stellen muss. Die ganze Prozedur ist eine sehr brutale Angelegenheit. Auf alle Faelle ein Job fuer harte Kerle. Meine Aufgabe dabei war nur, verschiedene Tore zu oeffnen, um die Tiere durchzulassen.

Cattle Branding

Ich glaube, dass so manch einer beim Anblick von 300 schreienden Rinden glatt zum Vegetarier mutieren wuerde. Ich kann daher zum Thema Cattle Station nur eins sagen: Es war hochinteressant einen Einblick in die Arbeit und das Leben der Menschen im Outback zu bekommen, aber dennoch wuerde ich nicht so leben wollen.

Vielleicht sollte ich noch ein paar Worte zu Greg, dem Oberboss von Borrona Downs, verlieren. Der Einfachheit halber verweise ich auf folgende Seite: http://my-key-in-australia.blogspot.com/2007/01/borrona-downs-station.html. Hier wird die Person Greg Tayler genauso beschrieben wie er ist: Ein Mann mit zwei Gesichtern, der einem das Leben im Outback nicht immer leicht gemacht hat.

09 April 2007

Mildura

Den Ort Mildura, der sich 500 km noerdlich von Melbourne im aeussersten Ende von Victoria befindet, verbinden wohl die meisten Backpacker mit einen Ueberangebot an Erntehelfer-Jobs. Will man sich ein paar Dollar verdienen, geht man am besten nach Mildura. Hier wird immer irgendetwas gepflueckt, wofuer Arbeiter benoetigt werden. Also habe ich mich auch aufgemacht ins Mekka der Fruit Picker und mich in einen der unzaehligen Working Hostels einquartiert. Ein Working Hostel unterscheidet sich von einem normalen Hostel nur darin, dass jeder, der dort wohnt, in der Gegend arbeitet und der Besitzer des Hostels gleichzeitig als Arbeitsvermittler auftritt.

Am Telefon wurde mir versprochen, dass sie Leute suchen und ich gleich am naechsten Tag nach meiner Ankunft arbeiten koennte. Klingt ja alles sehr vielversprechend und unkompliziert. Ist es letztlich aber nicht. Ich bin nun fast eine Woche in Mildura und habe immer noch keinen Job. Aber vielleicht sollte es auch so sein, dass meine Zeit hier nicht so mit Erfolg gekroent ist. Denn ich habe waehrend ich auf Arbeit gewartet habe etwas viel besseres entdeckt.

In der Gegend um Broken Hill, was sich nur 3 Stunden (das ist kurz fuer australische Verhaeltnisse) von Mildura entfernt befindet, gibt es ein paar Outback Stations, die WWOOFer (siehe letzter Bericht) nehmen. Die Australier bezeichnen als Station diese riesigen Landbesitze, auf den Rinder, Schafe oder Pferde gezuechtet werden. Borrona Downs Station, auf der ich ab morgen das wahre Leben eines australischen Rinder- und Schafzuechters kennenlernen darf, umfasst eine Groesse von 230.000 Morgen Land. Ich habe ehrlich gesagt ueberhaupt keine Vorstellung wie gross das ist. Scheint jedenfalls sehr gross zu sein, da beim Eintreiben der Tiere neben Pferden und Motorraedern auch Hubschrauber eingesetzen werden.

02 April 2007

Meine erste WWOOF-Erfahrung

Zunaechst moechte ich erklaeren, was man unter WWOOF (http://www.wwoof.com.au/) versteht. WWOOF ist die Abkuerzung fuer "Willing Workers on organic Farms" (Freiwillige Helfer auf oekologischen Bauernhoefen). Dahinter verbirgt sich eine Organisation, die ihren Mitgliedern Adressen und Telefonnr. von ueber 1600 Farmen in ganz Australien zur Verfuegung stellt, auf denen man gegen ein paar Stunden Arbeit in das Familienleben der Australier reinschnuppern kann und zusaetzlich mit freier Kost und Logis belohnt wird. WWOOF ist in Australien aeusserst beliebt; ich habe kaum jemanden getroffen, der es nicht kennt oder noch nicht gemacht hat. Vor allem fuer diejenigen, die keine Arbeitserlaubnis besitzen, ist WWOOF eine gute Alternative, um das Reisen bezahlbar zu machen. Eine weitere Organisation mit aehnlichen Konzept nennt sich Help Exchange (http://www.helpx.net/), die sogar mit Farmen in Deutschland und Europa zusammenarbeiten.

Die Familie, die ich fuer meinen ersten WWOOF-Aufenthalt ausgewaehlt habe, besitzt eine kleine Farm mit Kuehen, Schafen, Ziegen, Huehnern und noch etlichen anderen Getier in der landschaftlich einzigartigen Gebirgslandschaft von Victoria (High Country). Meine bzw. unsere Taetigkeiten (ich hatte noch Gesellschaft von zwei weiteren WWOOFern) bestand vor allem in diversen Renovierungstaetigkeiten, Gartenarbeit, Melken der Kuh, Versetzen von Zaeunen etc. Tom, ein ehemaliger Zimmermann, hatte immer irgendetwas zum Handwerkeln fuer uns. Seine Frau Margaret, eine ehemalige Schuldirektorin, hat uns dafuer mit ihrer Kochkunst verwoehnt. Und ihr 13-jaehriger Pflegesohn Dylan sorgte allabendlich fuer Unterhaltung auf seinen Saxophon.


16 März 2007

Bei der Birnenernte in Victoria

Meine erste Arbeitswoche als Erntehelfer habe ich hinter mich gebracht und moechte daher an dieser Stelle kurz berichten wie es mir ergangen ist.

Nach meiner Ankunft in Kyabram (ein kleiner Ort im laendlichen Victoria, ca. 200 km noerdlich von Melbourne) wurde ich von einem Mitarbeiter der Farm von der Busstation im Ort abgeholt und in meine neue Unterkunft, die sich ebenfalls auf dem Farmgelaende befindet, gefuehrt. Ich muss zugeben, dass ich zunaechst von dem miserablem Standard des Hauses oder Barracke (wie auch immer man die Behausung nennen mag) geschockt war. Ueberall war's dreckig, Spinnweben hingen von der Decke, die Kueche sah unappetitlich aus und Trinkwasser gibt's auch nicht aus der Leitung (dieses muss man sich aus einem riesigen Tank hinterm Haus abzapfen). Nachdem ich das Haus einem Grossputz unterzogen hatte, ging's schon eher und mittlerweile find ich's gar nicht mehr so schlimm. Man gewoehnt sich doch an alles! Die ersten Tage hatte ich sogar das komplette Haus fuer mich allein. Inzwischen ist es aber richtig voll geworden. Ich wohne nun mit zwei Japanerinnen, einer weiteren Deutschen, einer Franzoesin und einem Maedel aus England zusammen. International eine ganz gute Mischung!

Die Taetigkeit eines Erntehelfers auf einer Apfel- und Birnenplantage kann man sich wie folgt vorstellen. Das erste, was einem beigebracht wird, ist das Fahren eines Traktors, was wirklich einfach ist, weil es nur einen Vorwaerts- und Rueckwaertsgang gibt. Mit diesem Traktor zieht man einen Anhaenger mit vier Holzkisten auf das Feld und faengt in einer zugewiesenen Reihe an, die Fruechte vom Baum zu holen. Dazu wird man mit einer Leiter und einem Umhaengebeutel, in dem man die gepflueckten Fruechte sammelt und spaeter in die Holzkisten ausleert, ausgestattet. Das Ganze ist zwar recht monoton, aber wenigstens ist man den ganzen Tag im Freien. Und es ist wirklich nicht so anstrengend wie ich es mir vorgestellt hatte.

Das erste, was ich immer gefragt werde, ist: Bist du auch hier, um dein Visa zu verlaengern? Bin ich natuerlich nicht. Aber fuer viele ist der einzigste Grund als Erntehelfer zu arbeiten, ein zweites Jahr eine Arbeitserlaubnis fuer Australien zu bekommen (die erhaelt man, wenn man mindestens 3 Monate auf einer Farm gearbeitet hat). Recht clever von der australischen Regierung auf diese Weise massenweise Arbeitskraefte ins Land zu holen fuer Taetigkeiten, die niemand machen mag.

Ich als Erntehelfer

Meine Kollegin Ai aus Japan